Natürlich hatte ich an Gott geglaubt! Ich hatte mich nicht nur aus humanistischem Interesse um eine Mitarbeit bei der Bibel-Mission beworben - nein, ich hatte Gott dienen wollen. Gerade hatte ich Sein mächtiges Wirken erlebt, als die Mauer gefallen war und meine Heimat Thüringen nun auch zu einem wieder-vereinigten Deutschland gehörte. Es musste Gott gewesen sein, der das bewirkt hatte - da war ich mir sicher gewesen, und ich hatte es für sinnvoll und richtig gehalten, meine Gaben für Ihn einzusetzen. Doch  ich  hatte  nicht  einmal  ahnen  können,  wie  weit  ich  von  Gott entfernt war, und dass Er bereits dabei war, mich zu Sich zu führen - Schritt für Schritt und Gnade um Gnade.

Das Gefühl, dass mir etwas Wichtiges fehlte, empfand ich vor allem in der Gemeinschaft mit den Mitarbeitern der Bibel-Mission, von denen fast alle aus einem russlanddeutschen Hintergrund  kamen. Liebevoll empfingen sie mich in ihrer Welt, die für mich so neu war. Vieles davon schrieb ich der Kultur der  Russlanddeutschen zu, ihrer historischen Prägung aus den Ländern, in denen sie großgeworden und aus denen sie ausgewandert waren.

Doch ich merkte bald, dass da noch mehr war: ein Glaube, der jeden Bereich des Lebens durchdringt, eine Gemeindezugehörigkeit, die mehr ist als Kirchenbesuche sonn- und feiertags und vor allem ein Leben mit Jesus - als wäre Er immer da, stets dabei und absolut Der, um Den es geht. Ich stellte fest, dass ich mich mit der Person des Jesus noch nie auseinandergesetzt hatte. Er war mir fremd. Ich kannte Ihn weder als Freund noch als Retter.

Lange konnte ich diesen Gedanken verdrängen. Ich liebte meine Arbeit, das Verfassen von Texten, später auch die Erstellung von Layouts, das Übersetzen,  das Dolmetschen. Es war doch ganz offensichtlich, dass Gott mich gebrauchen konnte!

Dass Er mich aber auch suchte, dass Er auf mich wartete, und dass Sein Sohn Jesus Christus auch für mich ans Kreuz gegangen war - das wurde  mir  besonders dann bewusst, wenn ich Predigten übersetzte bzw. für Prediger, Missionare oder Gäste dolmetschte. Durch einige dieser Predigten hat Gott so laut zu mir gesprochen, dass ich das Gefühl hatte, ich müsste den Prediger um eine Pause bitten, damit ich mich bekehren könne. Doch das habe ich nie  gewagt... und den Gedanken dann wieder verdrängt. So lange, bis meine Mutter schwer erkrankte.

Ich erinnere mich an jenen Moment im Hospiz, als mir bewusst wurde, dass meine Mutti sterben würde. Als ich ihre Hand nahm und ihr alles erzählte, was ich in den Jahren meines Dienstes bei der Bibel-Mission über Jesus und den Glauben an Ihn erfahren hatte. Ich wünschte so sehr, dass in ihrem Herzen  selbst ein noch so kleiner Funke an Glauben entstehen konnte, denn ich wusste, dass Jesus dieses Glimmen sehen und bewahren würde.

Ein  Moment, der mich mit tiefem Frieden erfüllte. Aber auch ein Moment, in dem ich verstand, dass ich selbst mein Leben noch immer nicht bewusst in Jesu Hände übergeben hatte.

Der Moment, in dem Gott spürbar in meinem Herzen arbeitete und ich Ihn bat: „Mach weiter, Jesus, du wirst mich zu dir führen!“

2009 habe ich endlich Ja zu Jesus gesagt, 2010 habe ich mich taufen lassen.

Wenn ich heute Texte verfasse, dann kommen sie aus einem Herzen, das Gottes Gnade und Seine Liebe erfahren hat. Es sind Geschichten über das Wirken meines Herrn. Wenn ich das gesprochene Wort in andere Sprachen übertrage, dann ist es für mich das lebendige Wort von Gott, das Menschen erreicht, die es brauchen, und das mächtig ist, mitten ins Herz zu treffen. Es geht um Ihn, um den Gott, der sagt: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! (Jes. 43, 1)